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Weser - Kurier / Bremer Nachrichten, Freitag, 25. Januar 2008
Studenten erobern mit rotem Teppich die Straße Beim Projekt "Gehen als Luxus" setzt sich der Fußgänger an die Spitze der Verkehrskette von unserem Redakteur Arno Schupp
BREMEN. Der Fußgänger ist das letzte Glied in der Verkehrskette einer Großstadt. Doch was passiert, wenn er er sich an die Spitze setzt, sich als König ausruft und Räume für sich reklamiert, in denen er nach Ansicht der Planer nur eingeschränkte Rechte hat? "Die Autofahrer treten ihre Rechte an die Fußgänger ab", sagt Sebastian Heins. Der Architekturstudent von der Hochschule Bremen hat gestern mit einigen Kommilitonen genau das erlebt. Ausgerüstet mit einem roten Teppich durchquerten sie die Stadt, legten ihre signalfarbene Auslegeware quer über verschiedene Straßen zwischen dem Osterdeich und der Kurfürstenallee und warteten ab, was passiert. Die Aktion ist Teil der Projektreihe "Gehen als Luxus" von Architektur-Professor Klaus Schäfer, der damit an eine Aktionen des Planungskritikers Lucius Burckhardt anknüpft. Der 2003 in Basel gestorbene Begründer der "Spaziergangswissenschaften" hat ein ähnliches Projekt bereits in Kassel realisiert - allerdings mit einem mobilen Zebrastreifen an Stelle des roten Teppichs. "Der Zebrastreifen ist die erste Form der Entrechtung der Fußgänger", zitiert Schäfer des Planungskritiker. "Er sagt den Menschen, wo sie die Straße überqueren müssen. Die zweite Entrechtung ist die Ampel, die außerdem noch sagt, wann." Gestern zumindest waren diese Entrechtungs-Formen für die handvoll Architekturstudenten bedeutungslos. Und erstaunlicherweise funktionierte die Eroberung des Verkehrsraumes weitgehend gut. "Widerstand gab es eigentlich nur in den kleineren Straßen", bilanziert Heins. In der Humboldstraße etwa, wo die optische Grenze - denn nichts anderes soll der Teppich symbolisieren - geschmeidig umkurvt und überfahren worden ist. Noch wenige Meter zuvor haben selbst eine Straßenbahn, ein Polizeiwagen und ein Taxi ohne zu hupen oder zu bimmeln gewartet, bis die Studenten ihr Hindernis abgeräumt hatten. "Selbst auf der Kurfürstenallee hat der Teppich funktioniert", sagt Student Christian Nolte. "Dort haben wir ihn eine Weile einfach liegen lassen und die Fahrbahn dann erneut überquert. Und wieder haben die Autos angehalten - und damit auf ihr Recht verzichtet." Aber, ergänzt er, es hat auch andere Formen der Konfrontation gegeben. "Ein Busfahrer hat extra aufs Gas gedrückt, ein Mercedesfahrer seine Reifen auf dem Teppich durchdrehen lassen, um ihn zu beschädigen."
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